
Die Fiffi-Lampe
Typ: Bialaddin® 300X – 300CP
Baujahr: 1950, Haube 1945
Namensgebung: Ist meiner Ex-Frau zu verdanken. Diese Lampe, komplett aus Messing, hat einen Haubendeckel, der als einziges aus Stahl (emailliert) ist – wie eine Perücke. Und eine Perücke nennt man auch „Fiffi“.
Anschaffung: Februar 2005
Zustand: Glas und Pumpenleder fehlten, Vergaser ver- und durchgerostet. Ansonsten gut, „just in need of a good polish“, wie man so schön sagt.
Ihre Geschichte

Ihr Vorbesitzer hat sie sich einst aus England mitgebracht. Da soll es diese Teile ja häufiger geben. ,-) Ich vermute mal, dass diese Lampe ihrem ursprünglichen Besitzer entweder viel Freude bereitet hat oder dass sie ein Gerät des täglichen Bedarfs war, denn sie scheint einige Flugstunden auf der Uhr zu haben. Die Messinghaube war richtig schön kupferfarben ausgeglüht, und auch der Vergaser zeigte deutliche Betriebsspuren: An der Stelle, wo die Vorwärmschale sitzt, ist der Vergaser rostnarbig und hat auch ein haarfeines Loch, durch welches Petroleum austritt – Ersatzanwärter.
Weiterhin vermute ich, dass die Lampe früher einmal lackiert gewesen ist. Zum einen deutet der wesentlich stärker oxidierte untere Rand des Tanks darauf hin, zum anderen ist das Messing vor allem am Tank nicht so glatt, wie es für die Endbehandlung „hochglanzpoliert“ erforderlich wäre, sondern eher etwas narbig. Macht aber nichts- ,-)

Bei der Bestimmung des Baujahres macht es die Firma Willis & Bates dem Sammler recht leicht: Am unteren Kragen des Tragegestells sowie an der Haube ist das Herstellungsjahr im Klartext eingeprägt…

…eine Sitte, die sich andere Lampenhersteller besser auch zueigen gemacht hätten anstatt (wenn überhaupt!) irgendwelche kryptischen Kombinationen aus Zahlen und/oder Buchstaben anzubringen…

Ein Blick auf die Armaturen zeigt: An der Art der Rändelung von Füll-Ablassschraube und Pumpenüberwurfmutter lassen sich wohl auch noch Altersunterschiede festmachen – siehe zum Vergleich die Lampe von Martin Müller in den Steckbriefen bei Stuga-Cabaña.
Was war zu tun?
Zuerst einmal musste natürlich ein neues Pumpenleder eingebaut werden. Eins von Petromax® passt hier, ebenso ein Einsatz für das Pumpenbodenventil. Dann folgte die Dichtigkeitsprüfung im Wassereimer – am Tank alles klar, Verschlussschraube und das Gewinde zwischen Tank und dem Reinigungsknopf ließen allerdings Blasen aufsteigen. Hier mussten neue Dichtungen rein. Aus der Genök-Kiste mit Petromax®– und sonstigen Teilen passte natürlich überhaupt nichts, so dass ein wenig Hantieren mit LKW-Reifenschlauch, Frenzelit®-Dichtungspappe, Lochflöten und Bohrern angesagt war. Dann war alles klar, ein Glühkörper wurde angebunden und die Lampe in Betrieb genommen. Das Vorheizen geschieht hier mit Spiritus in einer Schale, die unten den Vergaser umschließt und mit einem Asbestdocht versehen ist, um Überschwappen zu vermindern und die Flamme hochzuleiten, damit der Glühkörper zündet.
Obwohl Bialaddin®-Lampen dieser Art definitiv kein Ventil haben, welches die Brennstoffzufuhr zum Vergaser unterbricht, kann man hier doch schon während des Vorwärmens pumpen, denn die Reinigungsnadel dichtet bei zugedrehtem Knopf die Düse erstaunlich gut ab. Allerdings sollte man die Reinigungsnadel bei diesen Lampen eigentlich nur dann bemühen, wenn auch wirklich eine Düsenreinigung notwendig ist, denn dieser Vorgang beschleunigt den Düsenverschleiß durch Aufweitung der Bohrung – so sagt man jedenfalls.
Gut, nun leuchtete sie. Anschließend erfolgte ein komplettes Zerlegen zwecks Reinigung und Politur. Ein neuer Vergaser kommt noch rein.
Ersatzteil-Philosophie
Wenn man eine englische Lampe sein Eigen nennt, sei es nun Bialaddin®/Vapalux® oder Tilley®, tut man gut daran, ein wenig Improvisationstalent zu entwickeln – sofern man als Lampensammler, -benutzer und -bastler nicht schon längst welches hat. ,-)
Die Beschaffung von Ersatzteilen ist zwar nicht unmöglich, für manche Sachen jedoch recht schwierig. Drei Umstände machen dabei dem Bastler das Leben schwer:
- Die Verfügbarkeit. Nicht jeder, der mit Petromax®/GENIOL®-Lampen und deren Teilen handelt, hat auch Teile für die „Engländerinnen“ im Programm. Austauschbar und kompatibel ist da ohnehin so gut wie nichts.
- Die Vetriebsstrategie. Die englischen Lampenhersteller liefern gerne Teile gebündelt als sogenanntes „Service Pack“. Da gibt es eines mit allen Dichtungen und Pumpenleder, eines mit den Luftzuführungsröhrchen für den Brenner, eines mit Brenner und Spigot (der Hals, auf dem der Brenner sitzt) usw. – aber kein Teil davon einzeln bis auf vielleicht mal das Pumpenleder.
- Die Preise. Zumindest hier in Deutschland sind sie abenteuerlich; kauft man in United Kingdom direkt, ist es zwar etwas billiger, man denke aber immer an das Porto, das bei größeren oder schwereren Teilen schnell mal genausoviel betragen kann wie der Preis für eine gebraucht ersteigerte Lampe!
Gerade der dritte Punkt trübt die Freude an den englischen Lampen etwas. Es ist jedoch ncht so, dassder Händler hier den Reibach beim Endkunden machen will, sondern er muss selbst schon zu Apothekerpreisen einkaufen. Betrachten wir nur einmal den Vergaser. Bei Tilley® schrieb man dazu wörtlich (übersetzt):
„Ein Vergaser lebt mindestens 500 Betriebsstunden. Wenn er durch
Kohleansammlungen verstopft ist, kann ein neuer, billig zu erhaltender
Vergaser in kürzester Zeit und ohne Werkzeug gewechselt werden.“
Das die Vergaser verschleißen, ist Tatsache. Selbst durch Verkohlung aufgeplatzte Exemplare wurden schon gesehen. Bei den Lampen von Willis & Bates dürfte das rein prinzipbedingt nicht anders sein – der Vergaser als Verschleißteil ist also Fakt. Leider bekommt man ihn nur als Ganzes mit Reinigungsnadel, denn er ist nicht zerlegbar, wie man es von Petromax® und baugleichen oder -ähnlichen kennt.
500 Betriebsstunden… Denken wir mal an die Winterszeit. Licht von 17 bis 22 Uhr sind 5 Stunden. Da reicht ein Vergaser also 100 Tage. Das ist nur der komplette Winter allein, und danach ist ein neuer fällig. Die Kosten dafür liegen heute hier im Inland bei ca. 20 bis 25 €. Ohne Werkzeug kann man ihn immer noch ersetzen, aber billig? 🙁
Ein findiger Bastler hat sich daher einen Vergaser selbstgebaut, der diese Nachteile nicht hat: Er lässt sich mit Petromax®-Düse und Nadel bestücken und ist somit nicht mehr als Ganzes ein Verschleißteil. Leider weilt dieser Kollege nicht mehr unter uns, und auch jegliche Online-Präsenz ist verschwunden.
[Nachtrag #1 (03.01.2025)]
Mit Genehmigung habe ich diese Nachbauvergaser auch für Tilley®-Lampen auf meiner Drehbank gefertigt und auch eine ganze Weile zwar in relativ kleinen Stückzahlen, aber in fast die ganze Welt verkauft. Aus Zeitgründen musste ich die Fertigung jedoch einstellen. EIne Weile gab es danach auch einen Asiaten auf eBay, der solche Nachbauten verkaufte, diese Quelle scheint aber inzwischen auch versiegt. Ich stelle hier mal ein paar Fotos von meinen Exemplaren ein und gebe auch die Baupläne frei. Dazu gibt es eine Extra-Seite.
Inzwischen ist diese Lampe auch auf Spiritusbetrieb umgerüstet, damit sie müffelfrei drinnen leuchten kann. Das geht bei den Engländerinnen analog zu dem geschilderten Umbau der Petromax®-Laternen: Düse erweitern (hier kann man bei den Nachbauvergasern prima eine 500er-Düse/Nadel montieren), Vergaser mit Messinggaze stopfen und Luftzufuhr auf ein Sechstel reduzieren. Letzteres klappt am besten, indem man zwei der drei Luftansaugöffnungen komplett verschließt und an der dritten eine möglichst einstellbare Drossel anbringt. Zu Testzwecken rolle ich immer Alufolie um einen 5mm-Stift, bis der Außendurchmesser passt und sich der Wickel in das Luftrohr einsetzen lässt.
