Hugo Schneider N°1

Das tapfere Schneiderlein

Typ: Hugo Schneider N°1, 30HK, Spiritus-Glühlichtbrenner

Baujahr: Kann ich nicht genau sagen, angegeben in Katalogen von 1910.

Namensgebung: Schneiderlein deswegen, weil der N°1 eben der kleine Bruder des N°2 ist. Tapfer, weil er nach kurzer Benutzung wohl viele Jahrzehnte einsam in seiner Schachtel ausgehalten hat.

Anschaffung: November 2007, aus Bayern eingeflogen ,-)

Zustand: Originalverpackt, aber nicht unbenutzt. Schmauchspuren am Zündloch und Verzunderungen am Brenner sprechen da eine eindeutige Sprache. Jegliche Deflorationsvorwürfe passionierter Vitrinensammler weise ich zurück: Das Ding war in Betrieb und bleibt es auch.

Hugo Schneider N°1 in Originalverpackung

Besonderheiten

Na... Also. Wißt Ihr selbst. So ein Stück in Originalverpackung...
Das darf man ja immerhin mal erwähnen.

Das ist übrigens die Luxus-Variante mit Vorwärmpumpe, mit Füllring (adaptiert von 10 auf 14'''-Gewinde) – für den Herrn, für die Dame, für das Kind. Gell? Bööp! Der Füllring ist sehr praktisch. Wenn der Tank keinen Füllstutzen hat, ist man ja immer genötigt, zum Betanken den Brenner abzuschrauben und zumindest teilweise herauszuziehen. Bei den dicken Dochten der Spiritus-Glühlichter (erst recht mit Pumpe!) wird es eng, und man schrabbelt jedesmal am Tankgewinde etwas vom Doch ab.

Ihre Geschichte

Da kann ich nur vermuten... Dieser Brenner war auf jeden Fall mehr als nur testweise in Betrieb, also keinesfalls jungfräulich. Vielleicht war irgendwann Petroleum wieder billiger oder leichter beschaffbar, so daß der Eigentümer diesen Brenner wieder rausgeschraubt und schlafengelegt hat. Auf jeden Fall wurde er fachlich korrekt behandelt: Der Docht war sauber und roch weder nach Benzin noch nach Petroleum.

Flamme ohne Glühstrumpf

Was war zu tun?

Da ich nur den Brenner erhielt, der ein wirklich perfektes Flammenbild zeigt, mußte ich laternich

herkriegen. Einen Tank mit Zapfen hatte ich noch liegen, fehlte also ein Kerzenständer. Den gab's für 'nen Euro auf'm Flohmarkt. Rein optisch mag der Fuß dem einen oder anderen etwas kippelig erscheinen, aber ich habe den Kerzenständer mit Blei ausgegossen. Da Lampe wiegt nun betankt knappe 2kg und ist (ausgemessen!) bis ca. 20° Schräglage standsicher.

Den Zylinder habe ich bei Stuga-Cabaña bestellt, er muß theoretisch 38mm Außendurchmesser haben, das ist aber bei meinem Exemplar sehr stramm. Jürgen war so freundlich, zwei Zylinder auszumessen, die in der Toleranz in Richtung 37mm gehen – das paßt perfekt.

Nun das leidige Thema „Glühstrumpf“... Ich mach's kurz. Nach einem Fehlversuch mit einer 250er-Einloch-Socke bin ich trotz des größeren Durchmessers wieder auf den üblichen Coleman® 1111 zurückgekommen. Der warf zwar anfangs ein paar Falten, ließ sich aber mit einem Gasbrenner „bügeln“. Somit ist die Lampe komplett und funktionsfähig. Eine Mattglaskugel steht diesem Lämpchen gut zu Gesicht und macht das Licht auch angenehmer und weicher. Für einen speziellen Freund aus Bayern habe ich die Raketenflamme beim Vorwärmen auch mal fotografiert. Das ist genau der Moment, wo alle Neugierigen, die es nicht kennen, den Kopf über die Lampe halten und reinkucken wollen – von mir aber einen Klatsch vor die Stirn und ein „Kopp wech!!!“ ernten.

Glühstrumpf für Hugo Schneider N°1Raktenstart! Leuchten ohne und mit Mattglaskugel Die Galerie von beiden Seiten

Nachtrag #1 vom 30.10.2008

Mit der Zeit ließ die Lichtabgabe nach, der Glühkörper war gar nur noch an ca. 2/3 des Umfangs erleuchtet; und die Flamme wurde deutlich unruhiger. Grund genug, der Sache einmal auf selbigen zu gehen – ich wollte ohnehin schon länger mal wissen, wie das Ding von innen aussieht (und der eine oder andere Leser bestimmt auch...)

Einzelteile
Einzelteile des Brenners – Klick aufs Bild für Großansicht

Hier sehen wir die Einzelteile des Brenners. Zuerst wird die Galerie abgenommen (Bajonettverschluß). Der Brennerkopf mit Wärmerückleiter ist in das Brennerrohr nur eingesteckt, aber nach vielen Betriebsstunden schwierig zu lösen und wie bei mir von anhaftenden Rußflocken bedeckt. Bei mir half WD40®, vielleicht hilft in harten Fällen auch ordentlich warmmachen mit dem Gasbrenner – dann nach unten hin aber unbedingt mit nassem Lappen kühlen, sonst dürfte Gefahr für Lötnähte und den Baumwolldocht bestehen! Sodann kann man das Mischrohr nach oben herausziehen.

 

Einzelteile
Einzelteile des Brenners – Klick aufs Bild für Großansicht

Der Regulierhebel wird einfach herausgeschraubt und die Anzündeklappe abgezogen. Nun kann man der Mischdüse zuleibe rücken. Sie hat, wie nach dem Durchnadeln erkennbar, 6 Bohrungen. Bei mir waren zwei davon komplett dicht, was die schlechte Lichtausbeute und -verteilung erklären dürfte. Sollte man nun im Besitz eines dünnwandigen, langen Steckschlüssels mit der passenden Weite sein, vereinfacht sich der Ausbau der Düse ungemein.

Ich konnte da leider nur mit Zangen arbeiten, das ist ein ziemliches Gefrickel.... Gnarf!

Unten gegenhalten – nicht mit dem Regulierhebel!

Beim Zusammenbau die Ventildüse soweit im Uhrzeigersinn drehen, daß sie geschlossen ist und der Regulierhebel durch den Schlitz wieder in sein Gewinde paßt. So wie rechts auf dem Foto sollte die Flamme dann nach der Reinigungsaktion aussehen.

 

Einzelteile
Einzelteile des Brenners – Klick aufs Bild für Großansicht

Ein Blick von oben offenbart die Ventildüse, die von der Regulierstange betätigt wird. Wie man diese jedoch ausbaut, konnte ich nicht ergründen. Beim Linksdrehen schlägt sie irgendwo an, und Gewaltanwendung tat nicht not. Darunter kommt wahrscheinlich eh direkt der Verdampfungsraum über dem Docht, und sollten die Bohrungen des Ventils zugesetzt sein, empfiehlt sich wohl ohnehin das Ziehen des Dochtes und Reinigen und Ausblasen von unten, denn sonst kommen die Krümel ja wieder hoch oder setzen den Docht voll.

Interessant ist, daß bei der Verwendung von Spiritus überhaupt Ruß entsteht. Schuld daran ist das Vergällungsmittel Bitrex® (chemisch Denatoniumbenzoat, [Benzyldiethyl(2,6-xylylcarbamoyl)methylammoniumbenzoat]), mit dem der steuerlich begünstigte Brennspiritus vor der Verwendung als Trinkalkohol geschützt werden soll – selbst kleinste Spuren, die man von den Fingern oder beim Durchblasen von Röhrchen in den Mund bekommt, sind nachhaltig bitter. Und dieses Zeug verbrennt offenbar nicht so sauber, wie es Alkohol eigentlich tun sollte.