Typ: Kriegslicht HS, Spiritus-Glühlicht
Baujahr: Um 1915
Namensgebung: Es heißt einfach so, weil es so heißt.,-)
Anschaffung: September 2005
Zustand: Wahrscheinlich unbenutzt, aber rostig – der Docht fehlte.
An sich ist es für eine Lampe aus Kriegsjahren keine solche, daß an diesem Brenner alle Metallteile aus Stahl gefertigt sind. Buntmetalle waren in solchen Zeiten stets der Rüstungsindustrie vorbehalten. So bestehen alle Teile aus vermessingtem Stahlblech.
Diese Brenner wurden im Ersten Weltkrieg gefertigt, da Petroleum vom Erdölimport abhing und letzteres auch vom Militär dringend benötigt wurde. Spiritus hingegen konnte man im eigenen Lande herstellen; man braucht dazu im Prinzip nur Zucker in wäßriger Lösung mit Hefe zu vergären und das Produkt zu destillieren. Deswegen wurde die Verwendung dieser Brenner quasi Vorschrift und die Preise auch niedrig gehalten. Selbst eine staatlich organisierte Verteilung gab es, wie in der Inselzeitung Pellworm zu lesen war:
Aus dem Kreis-Blatt für den Kreis Husum Sonnabend, den 9. Oktober 1915
Die durch den Krieg bedingte Knappheit an Petroleum bringt es mit sich, daß im kommenden Winter nur etwa 1/5 der in normalen Jahren zur Verfügung stehenden Petroleumsmenge an die Bevölkerung wird abgegeben werden können. Es liegt daher in deren dringendem Interesse, sich sobald als möglich der Beschaffung von Ersatzbeleuchtungsmitteln zuzuwenden.
Gas- und elektrisches Licht stehen namentlich in kleineren Städten und auf dem platten Lande sowie insbesondere den unbemittelten Bevölkerungskreisen nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung. Der allgemeinen Verwendung von Acetylen-Tischlampen steht vor allem der Umstand hindernd im Wege, daß im kommenden Winter auch Karbid nur in beschränkter Menge im Handel erhältlich sein wird. überdies sind mit den Acetylen-Tischlampen bei nicht sehr sorgfältiger Ausführung und unzweckmäßiger Behandlung der Lampen eine Reihe von Mängeln, ja sogar Gefahren verbunden. Tragbare Acetylen-Lampen eignen sich somit vorzugsweise nur für Außenbeleuchtungen, wo diese Mängel nicht so sehr hervortreten.
Für Innenbeleuchtungen sollte daher im kommenden Winter zum Ersatz des Petroleums soviel wie irgend möglich das Spiritus-Glühlicht verwendet werden. Namentlich von den wohlhabenden Bevölkerungskreisen darf erwartet werden, daß sie von der Benutzung von Petroleumlampen absehen, damit das Petroleum den Minderbemittelten überlassen werden kann. Es ist deshalb von behördlicher Seite dafür gesorgt worden, daß sowohl Spiritus als auch geeignete Spiritusbrenner zum Auswechseln gegen Petroleumbrenner zu Beginn des Winters vorhanden sein werden.
Den Vertrieb dieser Spiritusbrenner hat eine unter Mitwirkung und Aufsicht der obersten Reichs- und Staatsbehörden gebildete Vertriebsgesellschaft in Berlin, Leipziger Straße 2. Die Brenner lassen sich auf jede Petroleumlampe ohne weiteres oder durch Einschaltung eines Füllstückes aufschrauben. Sie haben eine annähernd dreimal so große Lichtstärke, wie ein gewöhnlicher 14 Linien-Petroleumbrenner. Ihr Spiritusverbrauch beträgt etwa 1/12 Liter in der Stunde, so daß sich die Betriebskosten bei den gegenwärtigen Preisen des Brennspiritus von 60 Pfennig für das Liter auf 5 Pfennig für die Brennstunde stellen.
Die Brenner werden an die Bevölkerung zum festgesetzten Preise von 4 Mk. abgegeben; die Zubehörteile, wie Glühstrumpf, Zylinder, Füllkännchen und Füllstück kosten etwa 1,25 Mk. Die Spiritus-Glühlicht-Kriegsgesellschaft wird die Kleinhändler, die ihre Brenner vertreiben, verpflichten, den Einheitspreis von 4 Mk. für den Brenner sowie angemessene Preise für die Zubehörteile innezuhalten, deren besonders gute Beschaffenheit gewährleistet wird. Die Gemeindebehörden sind angewiesen worden, die Einwohnerschaft zu veranlassen, Bestellungen auf Brenner bei ihnen anzumelden. Sie werden die Aufträge der Kriegslicht- Gesellschaft übermitteln.
Da sich bei größeren Sammelbestellungen der Bezugspreis vermindert, so werden die Gemeindebehörden infolge des Unterschiedes zwischen dem Bezugs- und dem Einheitsverkaufspreis in der Lage sein, nachweislich Unbemittelten die Brenner billiger oder auf Abzahlung, gegebenenfalls auch ganz kostenlos zu überlassen.
[Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der „Inselzeitung“]
Der hier gezeigte Brenner hat einen Gewindedurchmesser von 32,8mm, so daß man ihn einfach auf eine Lampe mit z.B. 10'''-Kosmosbrenner aufschrauben konnte, um sie von Petroleum- auf Spiritusbetrieb umzurüsten. Der bei meinem Brenner ebenfalls vorhandene Füllring, der das Tanken durch die kleine seitliche Öffnung ohne Abschrauben des Brenners ermöglicht, ist gleichzeitig ein Adapter auf 39,5mm Gewindedurchmesser – damit paßt der Brenner auf Lampen, die beispielsweise mit 14'''-Kosmos-, 15'''-Matador- oder 20'''-Idealbrennern ausgestattet waren.
Gerade diese einfache Auswechselbarkeit ist auch der Clou an der Sache; man wollte es dem Volk einfach machen, „Leuchtstoff aus heimischer Produktion“ zu verwenden.
Zur Kriegslichtgesellschaft gehörten drei Hersteller (hier jeweils mit späteren, bekannten Markennamen):
Jeder dieser Hersteller baute in etwa gleiche Brenner, wobei die Zusammenarbeit recht eng gewesen zu sein scheint: Es sind schon Kriegslichtbrenner der einen Firma mit einer Anleitung einer anderen Firma aufgetaucht. Die Handschrift Hugo Schneiders ist bei diesem Brenner auch an der Ornamentik des Galerieträgers zu erkennen: Sie ist identisch mit der des N°2-Brenners, wahrscheinlich auch mit anderen aus demselben Hause.
Die Funktionsweise ist die gleiche wie bei der Titolandi und dem Hugo-Schneider-N°2-Brenner: Ein Dochtbündel saugt den Spiritus aus dem Tank in die Verdampfungskammer empor. Diese wird zum Anlassen mittels Spiritusflamme vorgewärmt, später erhält sich die Wärme durch die Brennflamme, die einen massiv kupfernen Wärmeleiter beheizt. Der Spiritusdampf tritt aus einer Düse und vermischt sich in der Brennkammer mit Luft. Es entsteht eine blaue Bunsenflamme, die den Glühkörper zur Weißglut bringt.
Interessant der Hinweis auf dem Handrad:
„Vorm Anzünden links drehen“. Das heißt also, daß bei diesem Brenner schon
während des Vorwärmens der Vergaser offen sein soll.
Ungewöhnlich ist das Prinzip der radialen Einspeisung: Die Düse sitzt nicht unter dem Brenner, sondern außen seitlich davon. Die folgenden Bilder zeigen den Brenner bei abgenommener Galerie sowie den zerlegten Brenner. Rechts neben dem Brenner befindet sich eine Schlitzschraube, die man zur Demontage des Brenners lösen muß. Darunter ist die Düsenbohrung angebracht.
Mittig befindet sich der kupferne Wärmeleiter, der vom Glühkörper umhüllt wird. Schließlich sind das Brennergitter, die Mischkammer mit dem Einspeisungsröhrchen und der Haltering zu sehen. An der Einspeisung ist deutlich zu erkennen, daß neben dem Sitz des Düsenröhrchens beidseitig freier Querschnitt zur Luftansaugung vorhanden ist.
Irgendwo im Hessischen gibt's eine Zigarrenfabrik, die mal umgebaut und entrümpelt wurde. In einer Kiste tauchte dieser Brenner auf, und er muß dort schon recht lange gelegen haben: Die Zeitungsschnipsel, die ich in seinem Inneren fand, sahen vom Papier her recht alt aus und waren in Fraktur bedruckt. Leider hat das Klima in der Zigarrenfabrik dem Brenner nichts Gutes getan, er hat ziemliche Rostansätze.
Erst einmal wurde geputzt, um dem Rost ein wenig Einhalt zu gebieten. Die Dichtpackung der Ventilstopfbuchse habe ich aus Graphitband (Meterware) neu gewickelt, es waren sagenhafte 15x3mm notwendig. ,-)
Und dann kam das dicke Ende, welches eigentlich am Anfang steht: Der Docht! Aus Baumwollfäden (Topflappengarn, Danke für den Tip an Ludwig!) habe ich mehre Bündel zu je 10 Windungen um zwei Nägel im Abstand von 30cm gewickelt. Jedes Bündel wurde in der Mitte stramm mit Faden umwickelt und zusammegebunden. Alle Bündel habe ich ebenfalls mittig zusammengebunden, an der Mitte einen flachen Blechstreifen angesetzt und das Gebilde bis zum Anschlag in die Dochthülse gewürgt.
Unbedingt wichtig ist, daß das Dochtbündel stramm sitzt, denn es ist nicht nur Fördermechanismus, sondern dichtet den entstehenden Dampfdruck auch nach unten hin ab, so daß das Gas durch die Düse strömt und nicht in den Tank. Experimente mit einem dicken, aufgerollten Docht, Drahtgaze oder gar Küchenpapier würde ich hier nicht machen.
So wie hier sieht's dann beim Leuchten aus. Der Glühkörper ist wieder die bei mir inzwischen bewährte und übliche „Bastelsocke“: 500er-Glühstrumpf, Naht unten aufgeschnitten und oben Haltedraht eingezogen.
Weitere Info zu diesem Brenner gibt's auf den Homepages von
Es hat sich gezeigt, daß der Glühkörper mit kleinfingerdickem Drahtring am Oberende zuviel Wärme entfleuchen läßt – das Kriegslicht brannte instabil und wurde nach ein paar Minuten merklich dunkler. Erneute Spiritusgabe in die Vorwärmschale brachte wieder helleres Licht – an der Brennstoffzufuhr konnte es also nicht mangeln. Ich habe daraufhin (und nach einem Telefonat mit Ludwig) wieder einen Coleman®-Socken des Typs 1111 (500CP) präpariert, aber diesmal etwas anders:
Statt des Drahrings habe ich nur den Anbindefaden verwendet. Socken umkrempeln, Bodennaht abschneiden und wieder zurückkrempeln. Dann aber locker unter der Gabel anbinden und mit dem verbleibenden Fadenende in einer Stopfnadel einmal durch die Gabel, quer rüber unterhalb des Fadens durchs Gewebe, wieder durch die Gabel zurück und verknotet.
Somit bleibt mehr Wärme im Strumpf und heizt daher über den Wärmeleiter die Verdampfungszone besser.
Warum das hier nötig ist und beim Hugo-Schneider-N°2 nicht, wo der Drahtring bestens funktioniert? – Des weisch d'r Deifi! ,-)
Das Öffnen des Ventils schon beim Vorwärmen ist dringendst zu empfehlen! Dreht man später auf, kann es passieren, daß eine kräftige Stichflamme durch den Glaszylinder schießt, welcher sich durch den Temperaturschock zerlegt. So schnell kann man gar nicht kucken... Beim Hugo Schneider N°2 ist wohl aus diesem Grund das Ventil mechanisch mit der Freigabe der Anzündöffnung gekoppelt.