Ehrich & Graetz Mirador 10'''

Mirador

Typ: Ehrich & Graetz Mirador 10''' (Linien)

Baujahr: Wahrscheinlich in den 1930er Jahren

Namensgebung: Sie heißt einfach, wie sie wirklich heißt. Noch so eine krieg' ich eh nicht. ,-)

Anschaffung: 02.09.2007 per Online-Auktion

Zustand: 1A! Hochglanz ohne Makel, selbst der Docht funktionierte noch leidlich. Wahrscheinlich über Jahre hinweg ein Vitrinenstück. Der Glaszylinder fehlte – dazu später mehr.

Besonderheiten

Mirador FülldeckelMirador Dochtschlüsselrad

Eine ist natürlich der Hersteller, Ehrich & Graetz. Sie stammt also „aus dem Hause Petromax®“. Sehr schön ist jeweils auf der Füllkappe und dem Dochtschlüsselrad das Logo zu erkennen.

Mirador FlammscheibeFerner ist das Funktionsprinzip interessant; es handelt sich bei dieser Lampe um einen sogenannten Weißlichtbrenner, die zu ihrer Zeit als Konkurrenzprodukt zum Gaslicht, das damals noch ohne Glühkörper mit leuchtender Flamme brannte, hergestellt wurden. Als Zentralluftzuglampe erhält der Docht über Ausbrüche im Lampenfuß, das innere Brandrohr und die Flammscheibe von innen Luft. „Brandscheibe“ mag man das Teil gar nicht wirklich nennen, es erinnert eher an den Flame Spreader einer Aladdin N°23.

Ihre Geschichte

Offensichtlich war, daß sie mal benutzt wurde. Ebenso offensichtlich war auch, daß sie lange Zeit, poliert und gepflegt, eben nicht mehr benutzt wurde. Mehr weiß ich nicht.

Was war zu tun?

Einen neuen Docht einziehen, einen Glaszylinder aufsetzen, Tanken, saugen lassen und anzünden.

Details

Mirador Original-Zylinder

Wie gesagt, der Zylinder fehlte, doch das ließ sich ändern. Aus einer Quelle bekam ich Dochte und zwei gemarkte Originalzylinder wie nebenstehend gezeigt. Aufgrund des akuten Seltenheitswertes dieser Teile werden sie (oder mindestens einer!) jedoch wahrscheinlich keinen Betrieb auf der Lampe sehen, sondern Schaustücke bleiben.

Für den Betrieb bekam ich aus anderer Quelle einen „nicht originalen“ Zylinder (und fachkundige Hilfe beim Dochteinbau... Danke, Roland!). Wenn der mal springt, kann ich mir einen nachfertigen lassen. Die Mirador-Stempel hingegen macht wohl heute keiner mehr...

Mirador Tankprägung

Rechts der Tank mit dem eingeprägten Schriftzug.

Mirador Flamme

Hier sehen wir das Flammenbild. Warum diese Lampe zu den „Weißlichtbrennern“ gehört, ist auf einem Foto laternich schwer wiederzugeben.

Verglichen mit einem gleichgroßen, also ebenfalls 10linigen Kosmosbrenner ist sie jedoch deutlich heller. Dort wird die Flamme nach oben spitz ausgezogen, verliert aber an Leuchtkraft und wird orange-gelblich. Beim Weißlichtbrenner bleibt die Flamme zylinderförmig und bis zur Spitze intensiv leuchtend – sofern man es mit dem Hochdrehen des Dochtes nicht übertreibt. Irgendwann klappt auch beim Mirador die Flamme um und rußt.
Zylinderförmig ist übrigens auch das benötigte Glas. Beim Stichwort „Flammscheibe“ denkt man ja mehr oder weniger zuerst an einen kugelförmig ausgebauchten Zylinder, wie er auf Matador- oder Idealbrennern und deren Derivaten zum Einsatz kommt. Dort wird die Flamme seitlich abgelenkt und eher halbkugelig geformt, was hier nicht der Fall ist.

Die Ehrich & Graetz Mirador gab es auch in der Baugröße 15'''. Weitere Weißlichtbrenner sind z.B. der Hugo Schneider Adonis (hier bei Jürgen Breidenstein zu finden) und der Sebastian-Brenner, der bei Alexander Hrup auf der Seite Brenner und Flammen zu bestaunen ist.

Ach ja... am Griff ist eine Halterung für einen Reflektor zum Einstecken. Sollte jemand wissen, wie der aussehen muß, bitte ich um Nachricht. Fürderhin werd' ich mir die Tage was aus Messingblech dengeln.

Nachtrag #1 (17.11.2007)

Mirador Henkel

Diese Lampe, ursprünglich wohl als sog. Küchenlampe konzipiert, hat am Henkel eine Aufnahmevorrichtung für einen Reflektor. Dieser fehlte leider bei meinem Stück. Sicherlich gehörte da so ein relativ flachgewölbter Messingreflektor drauf oder eben ein eingefaßter Spiegel. Ich habe mich da nach ein wenig Rumprobieren mit einem Parabol-Seitenreflektor für die Petromax® für eine solche Form entschieden. Aus 0,8mm starkem Messingblech wurde ein Rundling von 150mm Durchmesser ausgeschnitten und mittels Treibhammer auf einem Holzblock, dem ich per Fräser eine Mulde verpaßt hatte, in Form gedengelt.

Das Ergebnis ist nicht unbedingt serienreif; für den relativ kleinen Krümmungsradius war mein Treibhammer zu grob und hat ziemlich viele Lunken hinterlassen, die ich auch mit dem Schlichthammer und dem Polierstock nicht sauber wegbekommen habe.:-( Beim nächsten Versuch mach' ich's besser, versprochen...

Ein umlaufender Kantenschutz mußte noch her. Das Umbördeln einer getriebenen Form hab' ich hier mit Hausmitteln gleich ausgelassen, also habe ich einen 4qmm starken Kupferdraht auf paßlicher Unterlage rundgebogen und als Einfassung weich angelötet. Eine Blechlasche zum Einstecken habe ich rückseitig angelötet und zur Versteifung mit dem Meißel zwischen den Schraubstockbacken eine sanfte Kerbe eingeschlagen, damit sie nicht bei jeder Bewegung bimmelt. ,-)
Anschließend wurde poliert, mit Aceton entfettet und mit Zaponlack beschichtet.

Das Ergebnis war, daß ich im finsteren Vorratskeller von der Tür aus die entferntesten Regale bequem zum Lesen ableuchten konnte – Strecke immerhin 4 Meter, Lichtfleck dabei ca. 50 cm ø.

Mirador mit Reflekor

Nun interessierten mich wirklich mal die Fakten...
Also startete ich im abgedunkelten Keller mein Fettfleckphotometer...

Die Mirador ohne Reflektor, moderat eingestellt (also mit ruhiger, mittelhoher Flamme ohne Spitzen) brachte es im Vergleich mit einer normalen Haushaltskerze auf ca. 10 Kerzen. Ein plausibler Wert.

Nun kam der Reflektor drauf, und mein Tisch reichte kaum noch aus! Die 16 und 50cm von eben wurden zu 10 und 78cm... woraus sich eine Lichtstärke von ca. (nach Tilley) 60 Reflected Candle Powers ergab! WOW!