Foto: Runge Wandlampe

Die Keksdose

Typ: Keine Ahnung, ein Benzin-Glühlicht halt. Ich weiß, daß die Firma Louis Runge, Berlin solche Lampen gefertigt hat. Ähnliche bis identische Nachbauten gab es aber (wie fast immer) sicherlich auch von anderen Herstellern.

Baujahr: Ich schätze um 1900

Namensgebung: Der Tank sieht aus wie eine Dose, aus der man Teegebäck serviert. ,-)

Anschaffung: Juni 2005

Zustand: Katastrophal. Tank „dicht“ wie ein Küchensieb; es fehlten Teile, von denen ich nicht wußte, wie sie aussehen müssen; ich hatte keine Ahnung, womit sie betrieben wird; leckte an allen Ecken und Enden. Mein bislang aussichtslosestes Restaurationsobjekt – aber der Mensch wächst mit seinen Aufgaben. ,-)

Besonderheiten

Ja, was soll man da sagen: Alles oder keine. Für mich das absolut erste Exemplar einer Lampe dieser Art.

Ihre Geschichte

Genaues kann ich nicht sagen, vermute aber aufgrund ihres Zustandes (Rost!), daß sie über Jahrzehnte in irgend einem Schuppen oder einer Scheune hing. Diverse Teile (Galerie, Zylinder) waren verloren, das Brennersieb teilweise weggebrannt.

Runge Wandlampe bei Ankunft.

So traurig wie auf dem rechten Foto sah sie aus, und ich denke mal, die blaue Farbe war auch nicht original.

Was war zu tun?

Zuerst einmal mußte ich in Erfahrung bringen, was das überhaupt war. Eine Lampe, soviel war mir schon einleuchtend.

Aber:

Fragen über Fragen...

Zunächst einmal habe ich den Tank auf Dichtigkeit geprüft: Mit Wasser füllen, Kompressorpistole mit gaaaanz wenig Druck auf den Füllstutzen gesetzt – und ich hatte eine nasse Hose, nasse Schuhe, ein nasses Hemd, nasse Füße und Wasser im Gesicht. :-(

Das Teil hat gestrullt wie Manneken Pis! Überall im Tank feine Risse und Löcher. Damit hatte ich eigentlich schon fast jeglichen Gedanken an einen möglichen Betrieb begraben. Immerhin hätte sie sich „für hübsch“ herrichten lassen.

Dann erinnerte ich mich aber an Artikel von anderen Sammlern, die löchrige Tanks mit Epoxydharz erfolgreich abgedichtet hatten und das Stichwort „Motorradtank“. Eine Anfrage beim örtlichen Händler ergab Untauglichkeit des dort verfügbaren Versiegelungs-Sets. Martin Müller hatte jedoch die entscheidenden Tips und Bezugsquellen parat, und ich entschloß mich, den steinigen Weg zu gehen...

Zuerst mußten natürlich die alte Farbe, der Schmodder im Tank und der Rost entfernt werden. Gegen Farbe und Schmodder half wie immer Natronlauge. Auch die Brennerteile wurden eingelegt. Anschließend wurde der Tank zum Entrosten in Citronensäure gekocht – das Material war eh hin, übermäßige Rücksicht also nicht mehr nötig.


Runge Wandlampe Brenner zerlegt

Hier sehen wir einmal die Einzelteile des Brenners nach der Reinigung. Von links oben:


Runge Wandlampe Brenner montiert

In korrekter Form zusammengebaut sollte das dann etwa so wie rechts aussehen.

Warum zwei Ventilhähne vorhanden sind, weiß ich nicht. Fakt ist, daß beide nichts anderes tun als die Brennstoffzufuhr abzusperren bzw. zu öffnen. Meine erste Vermutung, daß das Pertinax-Handrad eine Reinigungsnadel betätigen würde, hat sich nicht bestätigt; es sind keinerlei konstruktive Merkmale dieser Art vorhanden.

Ich vermute, daß dieser Brenner sowohl auf anderen Lampen als auch andere Brenner auf diesem Tank eingesetzt wurden; vielleicht auch mehrere Brenner an einem Tank, so daß jeder einzeln absperrbar sein mußte.

Das lange, nach oben ragende Ende dient dazu, die Wärme der Flamme nach unten zum Vergaser zu leiten, der übrigens mit einem Docht gestopft ist.


Runge Wandlampe Tank entrostet

Schauen wir uns an, was inzwischen aus dem Tank geworden ist... Hier hat er gerade sein Entrostungsbad und einen feinen Nachschliff hinter sich. Zur Sicherheit wurde nun innen und außen mit Rostumwandler behandelt – außen gepinselt, innen geschwenkt. Dazu muß natürlich das Brennstoff-Fallrohr mit einem Stopfen abgedichtet werden. Die fein geprägten Ornamente oben und unten sind übrigens aus Messingblech und weichgelötet.

Als Nächstes erfolgte die Innenbehandlung mit Zweikomponenten-Epoxydharz. Harz und Härter wurden angemischt und in den Tank gegossen (Stopfen im Fallrohr!) und 20 Minuten umgeschwenkt. Dnach habe ich den Tank über einem Petroleumofen langsam erwärmt und das Harz 24 Stunden aushärten lassen. Es folgte eine zweite Schicht – zur Sicherheit, besser is' das! ,-)

Dann die bange Frage... und eine gute Antwort: Er war dicht! :-)


Runge Wandlampe Brenner in Betrieb

Also konnten die ersten Testläufe erfolgen. Zuerst einmal interessierte mich nur der nackte Brenner. Versuche mit Spiritus waren unbefriedigend; es ergab sich eine lange, züngelnde Flamme, die sich ständig ausblies. Daher habe ich Waschbenzin getankt, und nach dem Vorwärmen (ein Schüsselchen voll Spiritus) brannte schon mal eine deutliche Flamme, die allerdings nicht sehr stabil war.

Grund war mit Sicherheit das ausgefressene Brennersieb, denn nach dem Anbringen einer neuen Lage Edelstahlgaze sah die Flamme aus wie rechts gezeigt.

Ein Freibrenner konnte es nicht sein, denn eine blaue, „entleuchtete“ Flamme gibt nun einmal kein Licht. Also mußte doch ein Glühstrumpf drauf.

Aber wie? Kein Halter, kein Weg, kein Steg weit und breit...

Ich habe in den Wärmeleiter oben mit der Puksäge einen kleinen Schlitz geschnitten. Sodann nahm ich einen Coleman®-Glühkörper, dem ich zuerst den Anbindefaden herauszog. Dann wurde die Socke umgekrempelt und die Naht am Boden aufgetrennt.

Statt des Fadens zog ich Draht ein, der ringförmig gebogen und mit einer Halteschlaufe versehen wurde. Dieses Gebilde, oben in den Schlitz eingehängt, erfüllt jedenfalls seinen Zweck. Ein Glaszylinder war, so hatte sich inzwischen ergeben, auch nötig – doch wo sollte er halten? Ich brauchte eine Galerie...

Irgendwann gab es bei eBay mal ein „Konvolut alter Petroleumbrenner“ zu ersteigern. Für kleines Geld hielt ich kurz darauf ein paar Gramm Schrott in der Hand. ;)


Darunter war eine Galerie, die nach geringfügigem Engerbiegen der Krone einen 48mm-Glaszylinder halten konnte, also den (Beinahe-)Standardzylinder für Glühlichter. Nur paßte das Ding natürlich überhaupt nicht auf den Brenner. Mit der Minitrennscheibe auf der Kleinbohrmaschine habe ich die innere Kuppe herausgetrennt und den verbliebenen Kragen an drei Stellen so nach innen gebogen, daß die Galerie auf der Brennerhülse Halt hatte. Nun paßte auch ein Zylinder drauf! Das ist weder original noch optimal, aber es funktioniert.

Runge Wandlampe Galerie Runge Wandlampe Galerie

Die Lampe brannte somit stabil und gab auch durchaus Licht. Allerdings läßt sich die Lichtabgabe noch erhöhen, wenn der Zylinder ein wenig angehoben wird – es fehlt also noch Luftzug außen am Glühkörper entlang.

Ich werde mich mal nach einem gelochten Glas für Glühlichter umsehen, damit wird's wahrscheinlich besser.


Parallel zu meinen Bemühungen um die Vervollständigung wurde natürlich der Tank weiterbehandelt. Es gab Grundierung und zwei Schichten schwarzen Lack, und so sah es nach dem ersten Lackiergang aus.

Runge Wandlampe in Betrieb Runge Wandlampe Tank lackiert

Weitere Arbeiten nahmen so ihren Gang; z.B. mußten beide Stopfbuchsen der Ventilhähne neu abgedichtet werden. Über Originalteile für diese Lampe brauchen wir uns gar nicht erst zu unterhalten, es gab also Graphitband vom laufenden Meter, paßlich gewickelt. Damit hatte auch das Tröpfeln ein Ende.

Das Fallrohr aus Messing bekam noch einen Poliergang, und irgendwann werde ich die Galerie (leider aus Stahlblech) auch noch lackieren. Da der Lack an dieser Stelle hitzefest sein muß, bleiben wahrscheinlich als Farbton nur Schwarz und Silber zur Auswahl.

Und jetzt gibt's wie immer noch ein Bild vom Betrieb.